Initial Coin Offerings und Steuern

Frankfurt School Blockchain Center
31 min readFeb 10, 2020

--

Die Finanzierung eines Unternehmens durch ein Initial Coin Offering (ICO), also der Emission eines eigenen Tokens, hat sich als Möglichkeit der Kapitalaufnahme inzwischen etabliert. Insbesondere in den Jahren 2017 und 2018 wurde der Markt mit ICOs securförmlich überschwemmt. In den meisten dieser ICOs wurden sogenannte Utility Tokens verkauft. Diese sollten üblicherweise das Geschäftsmodell der Emittentin mit der Blockchain verbinden und so Netzwerkeffekte heben. Nunmehr werden vermehrt Security Tokens angeboten, welche ein gesellschaftliches Recht oder einen finanzielle Forderung gegenüber dem Emittentin vermitteln. Dieser Artikel zeigt auf, welche steuerlichen Folgen beim Verkauf eines eigenen Token eintreten können und welche Gestaltungsspielräume bestehen. — Autoren: Benjamin Kirschbaum, Jürgen Schwendemann, Philipp Hornung, Stefan Winheller

Download des Artikels als PDF-Datei.

Einführung

Korrespondierend mit dem Platzen der Kryptowährungsblase nahm infolgedessen zwischenzeitlich auch das Interesse an ICOs ab. Nunmehr erleben ICOs aber auch und gerade in Deutschland eine Renaissance in Form der sogenannten Security Token Offerings (STOs). Im Gegensatz zur Ausgabe eines Utility Tokens erwirbt der Anleger hier ein tatsächlich verbrieftes Recht gegenüber dem emittierenden Unternehmen. Dies können Stimmrechte sein, das Recht auf Gewinnausschüttung oder Zinszahlungen. Security Tokens folgen also der Idee, klassische Instrumente der Unternehmensfinanzierung auf die Blockchain zu bringen.

Das Unternehmen muss damit kein blockchainspezifisches Geschäftsmodell verfolgen. Vielmehr kann jedes beliebige Unternehmen den STO als innovative Methode der Finanzierung nutzen. Die Nutzung der Blockchain verspricht dabei geringere Kosten.

Bei der Planung und Durchführung eines ICOs richtet sich die Aufmerksamkeit üblicherweise auf die mögliche Regulierung durch die BaFin. Daneben sollten allerdings die steuerlichen Aspekte eines ICOs gleichberechtigt in die Planungen einbezogen werden. Denn je nach Ausgestaltung des Token-Sales können erhebliche ertrags- und umsatzsteuerliche Belastungen eintreten oder vermieden werden. Im Zweifel ist die steuerliche Betrachtung sogar ausschlaggebend für die Natur des zu emittierenden Coins. Denn die Kosten für die Erstellung eines Wertpapierprospekts nehmen sich gegen die vollständige Belastung mit Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuer in Höhe von knapp 50 Prozent der Emission recht bescheiden aus.

Ausgabe von Currency und Utility Tokens

In diesem Working Paper beleuchten wir die steuerliche Situation bei Currency, Utility und Security(i) Tokens. Zunächst werden Currency und Utility Tokens steuerlich analysiert.

Ertragsteuerliche Folgen

Zu Beginn stehen ertragssteuerliche Folgen im Vordergrund. Diesen werden in den folgenden Absätzen erläutert.

Gewinnrealisierung durch Veräußerung der Tokens

Currency Tokens haben allein die Funktion eines Zahlungsmittels. Mit Ausgabe solcher Currency Tokens werden keinerlei Rechte am oder Ansprüche gegen das Unternehmen geschaffen. Utility Tokens sind demgegenüber mit dem Recht verbunden, diese gegen zukünftige Dienstleistungen des Unternehmens einzutauschen. Zumeist können sie gleichzeitig als Zahlungsmittel eingesetzt werden, um die Dienstleistung des emittierenden Unternehmens nutzen zu können. Die Emission eines Currency oder Utility Tokens unterscheidet sich ertragsteuerlich daher grundsätzlich nicht vom Verkauf anderer Waren oder Dienstleistungen. Im Rahmen der Einnahme-Überschuss-Rechnung sind die Erträge aus dem ICO als Betriebseinnahme zu buchen. Zumeist dürfte jedoch aufgrund der hohen Umsätze eine Bilanzierungspflicht gegeben sein, oder der ICO wird ohnehin von einem kraft Rechtsform bilanzierungspflichtigen Unternehmen — z.B. einer GmbH — durchgeführt. In diesem Fall sind die hergestellten Tokens zunächst mit den Herstellungskosten zu aktivieren bei gleichzeitiger Berücksichtigung dieser Herstellungskosten als Aufwand. (ii) Der anschließende Verkauf dieser Tokens führt jedoch zu einer gewinnwirksamen Buchung auf dem Ertragskonto.

Ein ICO wird üblicherweise dergestalt durchgeführt, dass die Investoren für den Erwerb der emittierten Tokens Kryptowährungen als Zahlungsmittel einsetzen. Es findet mithin ein Tausch zweier Wirtschaftsgüter statt, der sowohl ein Veräußerungsgeschäft bezüglich der hergestellten Tokens als auch eine Anschaffung der von den Erwerbern erhaltenen Kryptowährungen enthält, die mit ihren Anschaffungskosten zu aktivieren sind. Hinsichtlich der Bewertung ist bei bilanzierenden Unternehmen § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG zu beachten. Danach bestimmen sich die Anschaffungskosten bei einem im Wege des Tauschs erworbenen Wirtschaftsgut nach dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts (Token).

Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Bei Kryptowährungen ist dies üblicherweise der an den Kryptobörsen erzielbare Marktpreis. Da die emittierten Tokens jedoch im Zeitpunkt des ICOs noch an keiner Börse gehandelt werden und eine Preisauszeichnung in Euro (iii) bei einem ICO in aller Regel unterbleibt, kann sich der gemeine Wert nur nach den im Rahmen eines ICOs ausgewiesenen Kryptowährungen als Zahlungsmittel richten, mit denen ein Erwerb der Tokens ermöglicht wird.

Das Unternehmen nimmt zunächst eine Bewertung des gesamten Projekts und dessen Rentabilität vor, um in einem zweiten Schritt anhand dessen die Anzahl der Tokens und deren Bewertung zu bestimmen. Diese Bewertung wird sodann statt in Euro in die äquivalente Anzahl von Kryptowährungen umgerechnet, die es als Zahlungsmittel annehmen wird. Dabei zieht es den an den Börsen erzielbaren Marktpreis der Kryptowährungen heran. Die als Zahlungsmittel fungierenden (erworbenen) Kryptowährungen drücken daher bei ICOs den Wert der Tokens aus. Dies steht auch mit § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG in Einklang, wonach der gemeine Wert durch den Preis bestimmt wird, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Die Tokens werden im Rahmen eines ICOs nur gegen Zahlung einer bestimmten Anzahl von Kryptowährungen angeboten, die gleichzeitig den Preis bestimmen, der zu erzielen ist. Die erworbenen Kryptowährungen sind daher mit ihrem Börsenkurs zu aktivieren, was zu einer Gewinnrealisierung der in den Tokens enthaltenen stillen Reserven führt. Soweit das ICO von einer Kapitalgesellschaft wie einer GmbH durchgeführt wird, fallen auf die Erträge somit rund 30 Prozent Körperschafts- und Gewerbesteuer im Jahr der Durchführung des ICOs an. Folgt man dieser Ansicht, ist zu bedenken, dass eine Bilanzierung in dieser Form handelsrechtlich zu einer sehr frühen Überschuldung des Unternehmens und damit zu einer möglichen Insolvenz und Haftungsrisiken für den Gesellschafter führen würde.

Bis diese Rechtsansicht eindeutig geklärt ist, empfiehlt es sich, die Einnahmen aus dem Utility Token als Umsatz zu verbuchen und entsprechende Angaben im Lagebericht des Unternehmens vorzunehmen, welche auf die ungeklärte Rechtsmeinung verweisen und auf mögliche Auswirkungen auf den Überschuldungsstatus der Gesellschaft.

Minderung der Steuerlast durch Rückstellungen oder verzögerter Gewinnrealisierung (erhaltene Anzahlungen)?

Mit der Durchführung eines ICOs sollen Mittel akquiriert werden, um ein kostenintensives Unternehmensprojekt realisieren zu können. Häufig handelt es sich hierbei um die Entwicklung eines blockchainbasierten Systems, die sich über mehrere Jahre hinziehen kann und immense Kosten verursacht. Werden die Erträge aus einem ICO jedoch im Jahr der Durchführung des ICOs vollständig besteuert, mindert dies die dem Unternehmen in den folgenden Jahren zur Verfügung stehenden Mittel erheblich. Es liegt daher nahe, die Möglichkeit der Bildung einer steuermindernden Rückstellung für den zukünftigen Aufwand zu prüfen.

Rückstellungen sind allerdings nur in den sehr engen Grenzen des § 249 HGB möglich. Da die Tokens in Erwartung der Entwicklung des im Whitepaper dargestellten Systems und der Möglichkeit ihres Einsatzes in diesem System erworben werden, könnte man bei ICOs an die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten denken. Für die Annahme einer Verbindlichkeit in diesem Sinne müsste eine Leistungsverpflichtung gegenüber einem Dritten bestehen (sog. Außenverpflichtung), die auf zivilrechtlicher, öffentlich-rechtlicher oder bloß faktischer Grundlage beruht. iv Außenverpflichtung bedeutet, dass ein außenstehender Dritter vom Unternehmen eine bestimmte Leistung einfordern kann, die in Zukunft dessen Bruttovermögen mindert. (v) Hierzu ist bereits ausreichend, dass die Verbindlichkeit zumindest wirtschaftlich existiert oder eine sittliche Verpflichtung vorliegt. Das Bestehen oder das Entstehen der Verbindlichkeit muss nicht vollkommen sicher sein, aber sie muss zumindest ausreichend wahrscheinlich sein.(vi)

Gewährung von Ansprüchen im Token Sale Agreement?

Auf den ersten Blick bietet es sich daher an, schon im Token Sale Agreement Ansprüche auf Waren oder Dienstleistungen zu vereinbaren. Aber auch im Whitepaper könnte eine Verpflichtung vereinbart werden, sofern es zum Bestandteil des Token Sale Agreements wird.

Allerdings müssen die Verbindlichkeiten hinreichend konkretisiert sein, d.h. mit ihrem Be- oder Entstehen muss ernsthaft zu rechnen sein.vii Das wird aber nur dann zu bejahen sein, wenn die Ansprüche auf Waren oder Dienstleistungen diese genau umreißen. Problematisch daran ist zum einen, dass man sich damit gerade der unternehmerischen Freiheit beraubt, die im Vorfeld eines sich noch in der Planungsphase befindlichen Projekts immens wichtig ist, um zukünftig auf Entwicklungen des Projekts angemessen reagieren zu können und ggf. seine zukünftigen Leistungen daran anpassen zu können. Das Eingehen solcher Verbindlichkeiten in einer frühen Phase des Projekts führt zu erheblichen wirtschaftlichen Risiken, falls die Entwicklung des Projekts nicht wie geplant läuft und dies ggf. auch Auswirkungen auf die zukünftigen Leistungen hat.

Sofern ein hinreichend konkretisierter Anspruch auf Waren oder Dienstleistungen dazu führt, dass die Tokens als sog. Warengutscheine anzusehen sind, aus denen sich eine klare Verpflichtung (!) zur späteren Einlösung ergibt, wären die Einnahmen zunächst nicht als Ertrag, sondern als Verbindlichkeit (konkret als erhaltene Anzahlungen) zu verbuchen. Eine Verbuchung als erhaltene Anzahlung setzt also unbedingt voraus, dass der Investor bis zur Erfüllung seines Anspruchs einen Rückforderungsanspruch hat. Gerade solche Ansprüche werden aber meist in den Geschäftsbedingungen ausdrücklich ausgeschlossen. Fehlt ein solcher Ausschluss führt eine solche Gutscheinlösung also — wie eine Rückstellung — dazu, dass die Einnahmen des ICOs nicht bereits im Jahr der Vereinnahmung ertragsteuerpflichtig wären, da es an der Umsatzrealisation noch fehlt. Nicht realisierte Gewinne dürfen nach HGB dann auch nicht ausgewiesen werden. Von bleibendem steuerlichem Vorteil ist das allerdings meist nicht, da es sich hierbei nur um eine vorübergehende Steuerverschiebung handelt und bereits im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins zusätzlich Umsatzsteuer anfällt. (viii) Ebenfalls sollte bedacht werden, was eine solche Verpflichtung gegenüber den Kunden hinsichtlich eines Überschuldungsstatus bedeutet. Bei unglücklichen Gestaltungen kann es so sehr schnell zur Überschuldung des Unternehmens kommen.

Mögliches Widerrufsrecht als Grund für Rücklagenbildung?

Auch gesetzliche Verpflichtungen können die Bildung einer Rückstellung rechtfertigen. Dementsprechend stellt auch die Pflicht zur Rückabwicklung eines Vertrags nach einem wirksamen Widerruf des Investors gemäß §§ 355 ff. BGB eine geeignete Verbindlichkeit dar. Für die Bildung einer Rückstellung bedarf es allerdings einer hinreichend konkretisierten Verbindlichkeit. Es müssten also ausreichend Anhaltspunkte vorliegen, dass ein Widerruf erfolgen könnte — bei einem gerade erst durchgeführten ICO ist das in aller Regel (noch) nicht der Fall. Das rein abstrakte Risiko eines Widerrufes reicht für sich alleine jedenfalls nicht.

Wahrscheinliche Inanspruchnahme aus der Verbindlichkeit?

Rückstellungen dürfen außerdem nur dann gebildet werden, wenn zu der Wahrscheinlichkeit des Be- oder Entstehens einer ungewissen Verbindlichkeit noch die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme aus der Verbindlichkeit hinzukommt. Das ICO-Unternehmen muss mit der Inanspruchnahme aus der Verpflichtung also ernsthaft rechnen.(ix) Auch dafür werden sich bei einem ICO in der Regel keine objektivierbaren Anhaltspunkte finden lassen, schon weil die Werthaltigkeit des Tokens nicht aus der Verknüpfung mit der versprochenen Gegenleistung resultiert, sondern die Folge der Handelbarkeit ist.

Bildung von Rückstellungen bei Einbindung einer gemeinnützigen Stiftung

Die Bildung von Rückstellungen ist in der klassischen Zweierbeziehung zwischen dem die Tokens ausgebenden Unternehmen und dem Investor daher häufig nicht möglich. Anders kann es freilich sein, wenn eine gemeinnützige Stiftung als dritte Beteiligte mit eingebunden werden kann. Eine im Vorfeld des ICO gegründete gemeinnützige Stiftung könnte z.B. den Zweck verfolgen, die Wissenschaft und Forschung im Hinblick auf Kryptowährungen oder auf bestimmte technische Errungenschaften zu fördern, die zumindest am Rande auch positive Auswirkungen auf das den ICO durchführende Unternehmen haben und ihm insoweit nützlich sind. Nähme man nun eine Verpflichtung in das Token Sale Agreement auf, einen festen Betrag an diese Stiftung zu spenden, wäre nicht nur eine hinreichend konkretisierte Verpflichtung gegeben; weil diese freiwillig begründet wurde, wäre auch der Spendenabzug nach § 10b EStG gesichert. (x) Hierdurch könnten Rückstellungen in Höhe der zukünftigen Spende an die Stiftung gebildet und Spenden steuerlich abgezogen werden.

Die Kehrseite einer solchen Gestaltung liegt auf der Hand: Dem Unternehmen stehen in Höhe der zugesicherten Spende keine Mittel für die weitergehende Entwicklung des Projekts zur Verfügung. In dieser Höhe werden die Mittel vielmehr an die gemeinnützige Stiftung weitergeleitet, die zudem den hohen Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts unterliegt und deren Mittel für ihren gemeinnützigen Zweck gebunden sind. Es bedarf daher einer Prüfung im Einzelfall, ob die Gesamtstruktur unter Einbeziehung einer gemeinnützigen Stiftung den Zielen der Beteiligten entspricht.

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Bildung von Rückstellungen und eine sich daraus ergebende Minderung der Ertragsteuerbelastung im Jahr der Durchführung des ICO nur in sehr engen Grenzen möglich ist und in jedem Fall eine detaillierte steuerrechtliche Planung des ICOs im Vorfeld voraussetzt.

Umsatzsteuerliche Folgen

In seinem Hedqvist-Urteil hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass „Art. 135 Abs. 1 Buchst. e der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass Dienstleistungen […], die im Umtausch konventioneller Währungen in Einheiten der virtuellen Währung ,Bitcoin’ und umgekehrt bestehen und die gegen Zahlung eines Betrags ausgeführt werden, der der Spanne entspricht, die durch die Differenz zwischen dem Preis, zu dem der betreffende Wirtschaftsteilnehmer die Währungen ankauft, und dem Preis, zu dem er sie seinen Kunden verkauft, gebildet wird, von der Mehrwertsteuer befreite Umsätze im Sinne dieser Bestimmung darstellen.“(xi) Im Februar 2018 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein Schreiben veröffentlicht, das die Grundsätze des EuGH bestätigt. Demnach ist der Umtausch von Bitcoins zwar umsatzsteuerbar, jedoch gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG umsatzsteuerfrei.

Zusätzlich hat das BMF festgestellt, dass die Verwendung von Bitcoins der Verwendung von konventionellen Zahlungsmitteln gleichzusetzen ist, soweit sie keinem anderen Zweck als dem eines reinen Zahlungsmittels dienen. Die Hingabe von Bitcoins zur bloßen Entgeltentrichtung ist somit nicht umsatzsteuerbar. Wenn also Waren oder Dienstleistungen mit Bitcoins bezahlt werden, stellt die Übertragung der Bitcoins nach Ansicht des BMF keine umsatzsteuerbare Leistung dar. Diese Grundsätze sind auf alle anderen Kryptowährungen zu übertragen, die wie Bitcoins als alternatives vertragliches und unmittelbares Zahlungsmittel akzeptiert werden und keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen.(xii)

Ausgabe von Currency Tokens

Für ICO-Emittenten hängt die umsatzsteuerliche Behandlung daher konkret von der Ausgestaltung ihrer Tokens ab. Haben sie als Currency Tokens wie Bitcoin oder Litecoin ausschließlich den Zweck, als Zahlungsmittel zu dienen, sollte ihr Verkauf, der als Umtausch zu werten ist, umsatzsteuerfrei sein.

Allerdings versprechen viele Emittenten darüber hinausgehende Funktionen für ihre Tokens. Hierzu gehören zum Beispiel Stimmrechte auf der Plattform des Emittenten, die Möglichkeit, die Kryptowährung für den Betrieb von Masternodes einzusetzen oder auch ein direktes Recht, zum Beispiel das Recht, für jeden Token eine bestimmte Menge Cloudspeicherplatz benutzen zu dürfen. Haben die emittierten Tokens entsprechende Zusatzfunktionen, ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH und des Rundschreibens des BMF eine Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG eingehend zu prüfen. Die Versagung der Umsatzsteuerbefreiung wäre zwar bei ganz unbedeutenden Zusatzfunktionen fraglich, jedoch sollte in derartigen Fällen wegen des eindeutigen Wortlauts des BMF-Schreibens vorab eine Abstimmung mit dem Finanzamt erfolgen.

Ausgabe von Utility Tokens

Die Ausgabe von Utility Tokens kann Umsatzsteuer auslösen. Denn viele Utility Tokens berechtigen ihren Inhaber dazu, Leistungen des Emittenten bzw. auf einer vom Emittenten zur Verfügung gestellten Plattform zu beziehen. Teilweise können diese Leistungen auch gegen staatliche Währung oder andere Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether erworben werden. Der Verkauf der Utility Tokens wäre damit grundsätzlich mit der Umsatzsteuer zu belasten.

Utility Token als Einzweck- und Mehrzweckgutschein

Eine (unmittelbare) Umsatzsteuerbarkeit scheidet allerdings dann aus, wenn es sich bei dem Utility Token um einen sogenannten Mehrzweckgutschein handelt. Das Begriffspaar Einzweck-/Mehrwertgutschein aus der EUGutschein-Richtlinie (EU) 2016/1065 hat die bis dato im deutschen Recht geltenden Begriffe der Waren- und Wertgutscheine abgelöst. Sie sind inzwischen in § 3 Abs. 13 bis 15 UStG definiert.

Danach ist ein Gutschein ein Instrument, bei dem

  • die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
  • der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.

Beide Voraussetzungen lassen sich durch einen Utility Token realisieren. Ein Einzweckgutschein liegt vor, wenn der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen. Ein Beispiel ist ein Gutschein eines Kinobetreibers, der für eine spezifische Filmvorführung gilt. Jeder Gutschein, bei welchem diese Voraussetzungen nicht vorliegen, ist ein Mehrzweckgutschein, zum Beispiel ein Kinogutschein über 50 Euro, der sowohl für Filmvorstellungen als auch für Speisen und Getränke eingelöst werden kann.

Da bei einem Einzweckgutschein alle relevanten Daten bereits vorliegen und genau bestimmt ist, wo die Umsatzsteuer bei Einlösung in welcher Höhe anfällt, gilt bereits die Übertragung des Gutscheins als Lieferung bzw. als Erbringung der im Gutschein versprochenen Leistung. Die Umsatzsteuer fällt damit bei Übertragung des Gutscheins an. Bei einem Mehrzweckgutschein sind hingegen entweder der Ort der Leistung oder die Höhe der geschuldeten Umsatzsteuer bei Ausstellung des Gutscheins noch unbekannt. Erst bei Einlösung des Gutscheins konkretisieren sich diese Merkmale, und die Umsatzsteuer wird fällig.

Schwierige Einstufung im Einzelfall

Ob die Ausgabe eines Utility Tokens also umsatzsteuerbar ist oder nicht, hängt davon ab, ob der Token als Einzweck- oder als Mehrzweckgutschein einzustufen ist. Bei einem Token, der zu einem spezifischen Zweck emittiert wird, zum Beispiel, um eine bestimmte Leistung des Emittenten zu bezahlen, wird es sich um einen Einzweckgutschein handeln. Mit dem Verkauf der Tokens nimmt der Emittent in diesem Fall bereits das Entgelt für eine bestimmte Leistung als Anzahlung im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG entgegen. Diese Leistung wird daher schon mit Ausgabe der Tokens und Entgegennahme des Entgelts der Umsatzbesteuerung unterworfen.

Die Einstufung als Einzweckgutschein wird in der Praxis freilich häufig scheitern. Denn hierzu müssten mit der Ausgabe der Tokens bereits ein Recht des Erwerbers und gleichzeitig die Verpflichtung des Unternehmens begründet worden sein, eine bestimmte oder zumindest bestimmbare konkrete Leistung bei Einlösung des Gutscheins zu erhalten bzw. zu erbringen. Die Art der Leistung und der mögliche Leistungserbringer müssen dabei auf dem Gutschein selbst oder in den damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments (Whitepaper, Terms and Conditions), angegeben sein. Dadurch werden Gutscheine insbesondere von nicht steuerbaren Zahlungsinstrumenten abgegrenzt. (xiii) Die mehrwertsteuerrechtliche Behandlung muss im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins also bereits bestimmbar sein. Hieran fehlt es bei den meisten ICOs. Das Vorhaben und die Funktionalität des zukünftigen Systems bzw. der Unternehmensplattform werden zwar häufig schon im Whitepaper konkretisiert, jedoch ohne die Leistungen zu konkretisieren, die der Erwerber der Tokens mit ihrer Einlösung in Anspruch nehmen kann.

Schwierigkeiten beim Ort der Leistung

Neben der konkret geschuldeten Leistung ist oftmals auch der Ort der zu erbringenden Leistung unklar. Im Rahmen von ICOs finanzieren sich oftmals Projekte, die eine Leistung im digitalen Raum anbieten. Solche Leistungen sind regelmäßig sonstige elektronische Leistungen gemäß § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG. Bei elektronischen Leistungen gilt als Ort der Leistung aber der Sitz (beim Unternehmer) bzw. Wohnsitz (beim Verbraucher) des Empfängers.

Da Utility Tokens aber wie jeder andere Token gehandelt werden können, ist bei der Emission noch gar nicht klar, wo der endgültige Kunde sitzt, der den Token einlöst. Meist dürfte es sich bei den ausgegebenen Tokens daher um Mehrzweckgutscheine handeln.

Das bedeutet allerdings auch, dass der Emittent eines Utility Tokens Vorkehrungen treffen muss, um den Sitz seiner Kunden bei Einlösung der Tokens bestimmen zu können. Hierfür bedarf es gemäß der Mehrwertsteuerdurchführungsverordnung zwei einander nicht widersprechender Merkmale der folgenden Liste:

  • die Rechnungsanschrift des Dienstleistungsempfängers;
  • die Internet-Protokoll-Adresse (IP-Adresse) des von dem Dienstleistungsempfänger verwendeten Geräts oder jedes Verfahren der Geolokalisierung;
  • Bankangaben wie der Ort, an dem das für die Zahlung verwendete Bankkonto geführt wird oder die der Bank vorliegende Rechnungsanschrift des Dienstleistungsempfängers;
  • der Mobilfunk-Ländercode (Mobile Country Code — MCC) der Internationalen Mobilfunk-Teilnehmerkennung (International Mobile Subscriber Identity — IMSI), der auf der von dem Dienstleistungsempfänger verwendeten SIM-Karte (TeilnehmerIdentifikationsmodul — Subscriber Identity Module) gespeichert ist;
  • der Ort des Festnetzanschlusses des Dienstleistungsempfängers, über den ihm die Dienstleistung erbracht wird;
  • sonstige wirtschaftlich relevante Informationen.

Gerade bei einer Leistungseinlösung über die Blockchain ist es oftmals jedoch sehr schwierig, diese Daten zu sammeln. Hier muss also gegebenenfalls eine Identifizierung der Kunden erfolgen, damit der Emittent seine umsatzsteuerlichen Pflichten erfüllen kann. Hierfür kann auch eine Registrierung beim Bundeszentralamt für Steuern als sogenannter Mini-OneStop-Shop (MOSS) erfolgen.

Tokens mit sonstigen Funktionen

Haben die Tokens neben ihrer Gutscheineigenschaft und der sich daraus ergebenden Möglichkeit, Waren und Dienstleistungen zu beziehen, noch andere Funktionen, wie zum Beispiel das Recht, Abstimmungen auf dem Netzwerk vorzunehmen, sollte erwogen werden, ob ggf. eine Aufteilung des Kaufpreises in einen umsatzsteuerbaren/-pflichtigen und einen umsatzsteuerfreien Teil erforderlich ist. Allerdings wird man in diesen Fällen in der Regel auf den umsatzsteuerlichen Grundsatz zurückgreifen können, dass im Fall einer einheitlichen Leistung (alle etwaigen Rechte sind im selben Token verkörpert) die Nebenleistung das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt (Abschnitt 3.10 Abs. 5 UStAE). Soweit der Token also so ausgestaltet ist, dass seine Eigenschaft als Gutschein die Nebenrechte weitestgehend überwiegt, richtet sich die umsatzsteuerliche Behandlung insgesamt nach der Hauptleistung.

Bilanzielle Aspekte

In den folgenden Absätzen werden bilanzielle Aspekte analysiert und diskutiert. Hierbei steht zu Beginn die Aktivierung von empfangenden Kryptowährungen im Fokus.

Aktivierung von empfangenen Kryptowährungen

Kryptowährungen sind rein digitale Einheiten und somit immaterielle Vermögensgegenstände. Ihre bilanzielle Behandlung hängt davon ab, ob es sich bei den Tokens um solche des Anlage- oder des Umlaufvermögens handelt. Das Anlagevermögen umfasst gemäß § 247 Abs. 2 HGB jene Vermögensgegenstände, die dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Das Umlaufvermögen umfasst in Abgrenzung dazu jene Gegenstände, die verbraucht oder sofort veräußert werden sollen.

Soweit der ICO gegen die Zahlung einer anderen Kryptowährung (bspw. Ether) durchgeführt wird, hat der Emittent diese dementsprechend unter Erworbene Immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (§ 266 Abs. 2 A I Nr. 2 HGB) oder als Sonstige Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens (§ 266 Abs. 2 B II Nr. 4 HGB) zu aktivieren. Da die erhaltene Kryptowährung in der Regel dazu dienen soll, die laufende Entwicklung zu finanzieren und Ausgaben wie Mieten oder Gehälter zu bezahlen, ist zumeist eine Verbuchung im Umlaufvermögen angezeigt. Eine Bilanzierung unter dem Posten Kassenbestand bzw. Guthaben bei Kreditinstituten (§ 266 Abs. 2 B IV HGB) kommt jedenfalls nicht in Betracht, da es sich bei Kryptowährungen weder um Bargeld noch um Giralgeld handelt.

Aktivierung von Kryptowährungen überhaupt möglich?

Empfangene Kryptowährungen im Zuge eines ICOs stellen nach herrschender Meinung prinzipiell für das emittierende Unternehmen je nach geplanter Verwendung entweder Anlage- oder Umlaufvermögen dar. Dies würde die Bilanzierungsfähigkeit von Kryptowährungen per se erfordern.

Derzeit noch als Mindermeinung wurde von Schroen im DStR die Ansicht vertreten, dass Kryptowährungen generell nicht auf der Aktivseite der Bilanz ansetzbar wärenxiv. Aufgrund des Vollständigkeitsgebots der Bilanz sollten Unternehmen aber bis zu einer endgültigen Klärung zunächst eine Bilanzierung von Token vornehmen.

Die Bilanzierung der selbst ausgegebenen Tokens beim Emittenten unterliegt neben der generellen Frage der Bilanzierbarkeit von Kryptowährungen auch noch weiteren Einschränkungen. Da das Unternehmen diese Tokens selbst programmiert hat bzw. hat programmieren lassen, stellen sie sich für ihn als selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände dar.

Wären diese dem Anlagevermögen zuzuordnen, bestünde gemäß § 248 Abs. 2 HGB ein handelsrechtliches Aktivierungswahlrecht, allerdings gemäß § 5 Abs. 2 EStG ein steuerrechtliches Aktivierungsverbot. Dies führte bei der späteren Veräußerung der Tokens zu einem vollumfänglichen Gewinn, da den Erträgen kein aufzulösender Bilanzposten entgegenstünde. Da die Tokens gerade zum zeitnahen Verkauf im ICO bestimmt sind, ist allerdings grundsätzlich eine Bilanzierung im Umlaufvermögen möglich.

Diese Grundsätze gelten zumindest für Tokens, die reines Zahlungsmittel sind und keine weiteren Ansprüche begründen. Bei Utility Tokens, die über die reine Zahlungsfunktion hinaus Rechte begründen, ist die korrekte Bilanzierung anhand der konkreten Einordnung des Tokens im Einzelfall zu prüfen.

Ausgabe von Security Tokens

Die BaFin hat mit ihrem Schreiben vom 20.02.2018 zur aufsichtsrechtlichen Einordnung von ICOs zugrunde liegenden Tokens bzw. Kryptowährungen als Finanzinstrumente xv darauf hingewiesen, dass Marktteilnehmer, die Dienstleistungen in Bezug auf Tokens erbringen, mit Tokens handeln oder Tokens öffentlich anbieten, gehalten sind, genau zu prüfen, ob ein reguliertes Instrument (d.h. z.B. eine Vermögensanlage i.S.d. § 1 Abs. 2 VermAnlG oder ein Wertpapier i.S.d. § 2 Nr.1 WpPG) vorliegt. Danach können Tokens als Finanzinstrumente, als Wertpapiere oder als Basis für derivative Geschäfte ausgestaltet sein. Bei ihnen kann es sich um einen Anteil an einem Investmentvermögen bzw. an einem Organismus für gemeinsame Anlagen handeln. Abhängig von der rechtlichen Ausgestaltung, kann ein solcher Security Token u.a. als

  • eine Unternehmensbeteiligung,
  • ein partiarisches Darlehen,
  • ein Nachrangdarlehen,
  • ein Genussrecht oder als
  • eine sonstige Anlage

anzusehen sein.

Die Ausgabe von Security Tokens stellt also entweder eine Unternehmensbeteiligung (Eigenkapital), ein Darlehen (Fremdkapital) oder Fremdkapital mit Eigenkapitalcharakter dar. Der Security Token ist daher eine hybride „mezzanine“ Finanzierungsform, die typische Merkmale von Fremdkapital und Eigenkapital miteinander kombiniert.

Ertragsteuerliche Folgen

Verlautbarungen seitens der Finanzbehörden zu Security Tokens existieren bislang nicht. Für ihre steuerliche Behandlung kann allerdings auf die oben genannten Ausgestaltungsvarianten (Unternehmensbeteiligung, partiarische Darlehen, Genussrecht usw.) und ihre spezifischen steuerlichen Folgen abgestellt werden.

Nicht immer ist freilich eindeutig, welcher der genannten Ausgestaltungsvarianten ein Security Token unterfällt. Ungenaue Formulierungen im „Smart Contract Code“, im Whitepaper oder in den „Terms and Conditions“ führen in der Praxis nicht selten zu verunglückten, steuerlich nicht eindeutig zu bestimmenden Konstellationen.

Security Token als Unternehmensbeteiligung — Personengesellschaft

Zum einen kann die Ausgestaltung des Security Tokens dazu führen, dass die Inhaber Gesellschafter einer Personengesellschaft werden — auch wenn ihnen das tatsächlich nicht klar sein sollte. Eine Personengesellschaft nach § 705 BGB liegt vor, wenn sich mindestens zwei Personen verpflichten, einen gemeinsamen Zweck zu fördern und insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten — eines schriftlichen Gesellschaftsvertrags bedarf es dafür nicht. Eine derartige Personengesellschaft kann insbesondere dann entstehen, wenn die Tokens Stimmrechte für das weitere Vorgehen des Emittenten und die Verteilung der eingesammelten Gelder verleihen. Neben den zivilrechtlichen Haftungsproblematiken wirft eine solche Konstruktion auch zahlreiche steuerrechtliche Fragen auf.

Wirkung in emittierender Personengesellschaft

Die Gründung der Personengesellschaft ist kein steuerbarer Vorgang. Die Kaufpreiszahlung für die Tokens stellt eine Einlage in das Gesellschaftsvermögen dar, die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG keine Auswirkung auf den Gewinn hat. Die Verbuchung erfolgt sowohl in der Steuer- als auch in der Handelsbilanz auf einem Kapitalkonto des Gesellschafters.

Der Gewinn einer Personengesellschaft ist grundsätzlich einheitlich und gesondert festzustellen. Dies gilt auch für ausländische Personengesellschaften. xvi Zuständig ist grundsätzlich das Betriebsstättenfinanzamt. Bei ausländischen Personengesellschaften bestimmt sich das zuständige Finanzamt nach den Grundsätzen des BMFSchreibens vom 11.12.1989, xvii geändert durch BMF-Schreiben vom 02.01.2001. xviii In die einheitliche und gesonderte Feststellung sind Sonderwerbungskosten der Gesellschafter mit einzubeziehen. Gerade Letzteres führt zu nahezu unlösbaren praktischen Problemen, wie weiter unten unter „Wirkungen bei Token-Folgeerwerbern“ besonders deutlich wird.

Wirkung beim Token-Ersterwerber

Die Einzahlung begründet Gesellschaftsrechte, die aufseiten des Erwerbers des Tokens nur dann steuerlich relevant ist, wenn die Zahlung mittels einer anderen Kryptowährung erfolgt. Diese Zahlung stellt nämlich einen tauschähnlichen Vorgang dar, der eine Veräußerung der hingegebenen Kryptowährung enthält.(xix) Diese steuerliche Folge ist bei jedem Erwerb von Security Tokens zu beachten.

Laufende Gewinnanteile an der Personengesellschaft sind einkommensteuerpflichtig nach § 15 Abs. 2 EStG. Eine Weiterveräußerung der Tokens, die eine Abtretung des Anteils an der Personengesellschaft darstellt, wird in Höhe der Differenz zwischen Kapitalkonto und Kaufpreis gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 16 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb besteuert. Solche Abtretungen bedürfen in der Regel der Zustimmung aller Gesellschafter. Ob eine — stillschweigende — Zustimmung bereits in der Ausgestaltung als Token zu erblicken ist, ist fraglich.

Wirkung bei Token-Folgeerwerbern

Das Kapitalkonto in der Gesellschaft ändert sich durch die Weiterveräußerung nicht. Somit fallen der Wert des Kapitalkontos und der Marktpreis der Tokens ggf. auseinander. Ein Überpreis (Zahlung höher als Kapitalkonto) stellt insoweit eine partielle Aufdeckung stiller Reserven dar, die in einer Sonderbilanz des erwerbenden Gesellschafters zu bilanzieren sind und, soweit abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter betroffen sind, zuerst diesen Wirtschaftsgütern zugeschrieben werden; ein verbleibendender Überpreis ist sodann als erworbener Geschäftswert in der Sonderbilanz zu aktivieren. So entsteht abschreibungsfähiger Aufwand.

Der Verkaufspreis wird dem Kapitalkonto in der Gesamtbilanz aus Gesamthandsbilanz der Personengesellschaft und Sonderbilanz des Gesellschafters gegenübergestellt. Spätestens hier wird ersichtlich, dass „tokenize everything“ nicht immer zu sinnvollen und praktikablen Lösungen führt. Wie soll ein emittierendes Unternehmen diese Daten überhaupt erfassen? Die Folgeerwerbe finden üblicherweise außerhalb der Sphäre der Gesellschaft statt und werden ausschließlich zwischen den Gesellschaftern vereinbart, ggf. über eine Börse.

Security Token als Unternehmensbeteiligung — Kapitalgesellschaft

Im Gegensatz zur Personengesellschaft, die auch ungewollt durch ungeschickte Formulierungen in der Tokenbeschreibung begründet werden kann, bedürfen sowohl die Gründung einer GmbH als auch ein Gesellschafterwechsel in einer GmbH der notariellen Beurkundung. Bei einer AG bestehen insbesondere bei ihrer Errichtung hohe formelle Hürden. Eine Unternehmensbeteiligung in Form von Tokens dürfte vor diesem Hintergrund eher ungewöhnlich sein.

Security Token als partiarisches Darlehen

Verspricht ein Token für eine Kapitaleinlage eine Rückzahlung zum Nennwert und ist statt einer Verzinsung eine Beteiligung am Gewinn vereinbart, kann es sich beim Token um ein partiarisches Darlehen handeln. Weitere Voraussetzungen dafür sind, dass eine Beteiligung am Verlust ausgeschlossen wird und, sofern die Einlage unbefristet erfolgt, zumindest ein Kündigungsrecht eingeräumt ist.

Nach Ansicht des BFH kann ein Darlehen auch dann partiarischen Charakter haben, wenn die Erfolgsbeteiligung sich auf den Gewinn oder den Umsatz aus einem bestimmten Geschäft des Darlehensnehmers bezieht oder wenn die Darlehnszinsen erst im Falle ausreichender Liquidität des Darlehnsnehmers fällig werden.(xx)

Das partiarische Darlehen ist von einer stillen Gesellschaft abzugrenzen. Entscheidend für die Abgrenzung ist das Beteiligungselement: „Der Stille [Gesellschafter] bezweckt den gemeinsamen Betrieb eines Handelsgewerbes und hat Kontroll- und Mitspracherechte; er kann am Verlust beteiligt sein […]. Partiarische Darlehen setzen einen Kapitalrückzahlungsanspruch voraus.“(xxi)

Zumindest bei der Ausgabe der Tokens an nahe Angehörige ist übrigens an eine ausreichende Besicherung des Darlehens zu denken. Bei langfristigen Darlehen (> 4 Jahre) ist nach dem BFH(xxii) eine ausreichende Besicherung notwendig, damit die Vereinbarung anerkannt werden kann. In der Praxis wird hieran regelmäßig nicht gedacht.

Wirkung in der emittierenden Unternehmung

Die Gutschrift des Einzahlungsbetrags erfolgt erfolgsneutral als Fremdkapital. Der Mittelzufluss eines Darlehens ist nicht ertragsteuerpflichtig. Vergütungen für partiarische Darlehen sind Zinsaufwendungen in der Unternehmung. xxiii Die steuerlichen Regelungen zur Zinsschranke sind anzuwenden.

Auf die ausgezahlten Gewinnanteile hat die Gesellschaft nach § 32d Abs. 1, § 43 Abs. 1 Nr. 3, § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG Kapitalertragsteuer einzubehalten. Diese beträgt 25 Prozent des Kapitalertrags.

Da partiarische Darlehen nicht unter die §§ 230 bis 237 HGB fallen, ist eine Hinzurechnung beim Gewerbeertrag nach § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG („Gewinnanteile des stillen Gesellschafters“) nicht vorzunehmen (R 8.1 (3) GewStR 2009).

Wirkung beim Token-Ersterwerber

Die Einzahlung begründet die Darlehensforderung. Sie ist steuerlich nicht relevant. Laufende Gewinnanteile sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG einkommensteuerpflichtig. Erträge aus im Privatvermögen gehaltenen partiarischen Darlehen unterliegen der Abgeltungsteuer von 25 Prozent. Die Abgeltungsteuer verliert ihren Abgeltungscharakter, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind oder wenn der Tokeninhaber zu mindestens 10 Prozent an der Gesellschaft beteiligt ist (§32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und b EStG).

Werden die Darlehensforderungen im Betriebsvermögen einer Körperschaft gehalten, kommen die Vergünstigungen des § 8b KStG und die 40-prozentige Freistellung im Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40d EStG nicht zur Anwendung, da partiarische Darlehen vom Wortlaut der vorgenannten Vorschriften nicht erfasst werden.

Wirkung bei Token-Folgeerwerbern

Die Darlehensforderung gegen die Gesellschaft ändert sich durch die Weiterveräußerung nicht. Die Besteuerung der Gewinnanteile entspricht grundsätzlich der beim Ersterwerber.

Mangels einer Beteiligung an den stillen Reserven ist eine Weiterveräußerung der Tokens zu einem höheren Preis als deren Nennwert wirtschaftlich nur in wenigen Fällen sinnvoll. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn weitere Rechte an die Tokens gekoppelt sind, wenn der Erwerber sich eine besonders hohe Verzinsung/Gewinnbeteiligung sichern möchte oder die Auszahlung des Gewinnanteils kurz bevorsteht.

Wie ein solcher Überpreis steuerlich zu behandeln ist, ist ungeklärt. Er könnte eine Vorauszahlung auf künftige Erträge (Anteile am Gewinn) darstellen. Der den Nennwert übersteigende Betrag könnte insbesondere bei klar umrissenen Prozentsätzen ähnlich Stückzinsen als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen zu werten sein (§ 43a Abs. 3 Satz 2 EStG). Ist der Überpreis höher als die zu erwartenden kommenden Gewinnanteile, stellt sich hingegen die Frage der Gewinnerzielungsabsicht, was ggf. dazu führt, dass alle Vorgänge in dieser Verbindung als Liebhaberei steuerlich ignoriert werden. Andererseits ist auch denkbar, in Analogie zu Aktien vor dem Dividendenstichtag den Überpreis als Teil der Anschaffungskosten zu werten, was sich im Ergebnis dann erst bei einem späteren Verkauf auswirken würde.

Da auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählt (§ 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG), könnte eine Onlinebörse als „auszahlende Stelle“ zur Einbehaltung der Abgeltungsteuer nach §§ 43a, 44 EStG verpflichtet sein.

Security Token als Genussrecht mit Eigenkapitalcharakter

Bei Genussrechten handelt es sich um Vermögensrechte, die sehr unterschiedlich ausgestaltet sein können. Die Beteiligung am laufenden Gewinn und/oder am Liquidationserlös einerseits und die langfristige Kapitalüberlassung möglichst ohne Sicherheiten und ohne Mitgliedschaftsrechte andererseits sind die typischen Charakteristika von Genussrechten. Daneben kann ein Genussrecht z.B. auch Optionen oder Wandelrechte enthalten.

Wird ein Genussrecht verbrieft, spricht man von einem Genussschein. Der Begriff und die Ausgestaltung von Genussscheinen sind gesetzlich nicht geregelt. Die Ausgabe von Genussscheinen ist auch nicht an eine bestimmte Rechtsform gebunden, d.h., prinzipiell können alle Unternehmen Genussscheine ausgeben. Ein Security Token, der im Programmcode, im Whitepaper oder in den „Terms and Conditions“ entsprechende Rechte gewährt, kann daher als Genussschein anzusehen sein.

Dabei lassen sich zwei Formen von Genussrechten unterscheiden:

  • Security Token als Genussrecht mit Eigenkapitalcharakter (beteiligungsähnlich)
  • Security Token als Genussrecht ohne Eigenkapitalcharakter (Fremdkapital)

Eine Einlage erlangt grundsätzlich dann Eigenkapitalcharakter, wenn neben der langfristigen Kapitalüberlassung und der Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft die Nachrangigkeit gegenüber anderen Gläubigern der Gesellschaft hinzutritt. Während bis 2016 Genussrechte in der Handelsund der Steuerbilanz durchaus unterschiedlich als Eigen- oder Fremdkapital eingestuft werden konnten, sollen nach den Ausführungen der OFD Nordrhein-Westfalen (xxiv) die handelsrechtlichen Kriterien von IDW HFA 1/1994 für die Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital bei Genussrechten nunmehr nicht mehr nur für die Handelsbilanz, sondern auch für die Steuerbilanz gelten.

Wirkung in der emittierenden Unternehmung

Die Gutschrift des Einzahlungsbetrags und der Ausweis in der Bilanz erfolgen als Eigenkapital. Der Mittelzufluss ist als Kapitaleinlage nicht ertragsteuerpflichtig.

Aus dem Eigenkapitalcharakter der Genussrechte folgt, dass Ausschüttungen jeder Art auf diese Genussrechte eine Einkommensverwendung darstellen, die das Einkommen der ausschüttenden Körperschaft nicht mindern dürfen (§ 8 Abs. 3 Satz 1 KStG). xxv Folgerichtig fließen die Auszahlungen auch nicht in die Berechnungen der Zinsschranke nach § 4h EStG i.V.m. § 8a KStG ein.

Auf die ausgezahlten Gewinnanteile hat die Gesellschaft nach § 32d Abs. 1, § 43 Abs. 1 Nr. 1, § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 Prozent des Kapitalertrags einzubehalten.

Wirkung beim Ersterwerber

Die Einzahlung begründet gesellschafterähnliche Rechte und ist steuerlich somit im Zeitpunkt der Zahlung nicht relevant (Kapitalkonto). Laufende Gewinnanteile aus Genussscheinen/Genussrechten werden einkommensteuerlich wie Dividenden aus Aktien nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EstG behandelt.

Anteilige Verluste werden bei konsequenter Analogie zur Behandlung von Dividenden zunächst steuerlich nicht wirksam, sondern wirken sich erst im Falle einer Veräußerung oder der Liquidation der Gesellschaft aus.

Bei Genussrechten, die im steuerlichen Privatvermögen gehalten werden, hat die einzubehaltende Kapitalertragsteuer Abgeltungscharakter (§ 32d EStG). Werden Genussrechte, die am Liquidationserlös beteiligt sind, im Betriebsvermögen gehalten, unterliegen diese üblicherweise der 95-prozentigen Steuerfreistellung nach § 8b Abs. Satz 1 KStG bzw. der 40-prozentigen Freistellung im Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40d EStG.

Gewinne im Fall einer Weiterveräußerung werden als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG oder als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 17 EStG besteuert.

Wirkung bei Folgeerwerbern

Es findet keine Einzahlung in die Gesellschaft statt, sodass es auf Ebene der Gesellschaft keine Veränderung im Kapitalkonto gibt. Veräußerer ist ein anderer Genussrechtsinhaber. Der Kaufpreis stellt die Anschaffungskosten des Genussrechtes dar. Die laufende Besteuerung der Genussrechte entspricht im Übrigen der Behandlung beim Ersterwerber.

Da auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft sowie ähnlicher Beteiligungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählt (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG), könnte eine Onlinebörse als „auszahlende Stelle“ zur Einbehaltung der Abgeltungsteuer nach §§ 43a, 44 EStG verpflichtet sein.

Security Token als Genussrecht ohne Eigenkapitalcharakter

Zur Entstehung eines Genussrechtes ohne Eigenkapitalcharakter kommt es zum Beispiel, wenn im Security Token eine erfolgsabhängige Vergütung für die langfristige Kapitalüberlassung und eine bevorzugte Rückzahlung im Insolvenzfall vereinbart sind, jedoch keine Beteiligung am Verlust und auch keine Beteiligung am Liquidationserlös.

Wirkung in der emittierenden Unternehmung

Die Gutschrift des Einzahlungsbetrags und der Ausweis in der Bilanz erfolgen als Fremdkapital. Der Mittelzufluss ist als Verbindlichkeit nicht ertragsteuerpflichtig.

Vergütungen für Gewinnanteile aus Genussrechten sind Zinsaufwendungen in der Unternehmung: „Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke sind Vergütungen für Fremdkapital (§ 4h Abs. 3 Satz 2 EStG) […]. Hierzu gehören auch Zinsen zu einem festen oder variablen Zinssatz, aber auch Gewinnbeteiligungen (Vergütungen für partiarische Darlehen, typisch stille Beteiligungen, Genussrechte und Gewinnschuldverschreibungen) und Umsatzbeteiligungen.“ (xxvi)

Auf die ausgezahlten Gewinnanteile hat die Gesellschaft nach § 32d Abs. 1, § 43 Abs. 1 Nr. 7, § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 Prozent des Kapitalertrags einzubehalten.

Wirkung beim Ersterwerber

Die Einzahlung begründet eine Forderung gegen die Gesellschaft. Sie ist steuerlich im Zeitpunkt der Zahlung nicht relevant. Laufende Gewinnanteile aus Genussscheinen, die nicht am Liquidationserlös beteiligt sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG einkommensteuerpflichtig.

Bei Genussrechten, die im steuerlichen Privatvermögen gehalten werden, hat die einzubehaltende Kapitalertragsteuer Abgeltungscharakter (§ 32d EStG). Die Abgeltungsteuer verliert ihren Abgeltungscharakter, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind oder wenn der Tokeninhaber zu mindestens 10 Prozent an der Gesellschaft beteiligt ist (§32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und b EStG).

Werden die Genussrechte im Betriebsvermögen einer Körperschaft gehalten, kommen die Vergünstigungen des § 8b KStG und die 40-prozentige Freistellung im Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40d EStG nicht zur Anwendung, da Genussrechte ohne Beteiligungscharakter vom Wortlaut der vorgenannten Vorschriften nicht erfasst werden.

Gewinne aus einer Weiterveräußerung werden als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG mit der Differenz zwischen Anschaffungskosten des Genussrechtes und dem Verkaufspreis besteuert. Eine Anwendung des § 17 EStG scheidet aus, da diese Regelung eine Beteiligung am Kapital der Gesellschaft einschließlich des Liquidationserlöses voraussetzt. Eine Beteiligung nur am Gewinn genügt nicht.(xxvii)

Wirkung bei Folgeerwerbern

Es findet keine Einzahlung in die Gesellschaft statt. Veräußerer ist ein anderer Genussrechtsinhaber. Der Kaufpreis stellt die Anschaffungskosten des Genussrechtes dar. Die laufende Besteuerung und die Besteuerung möglicher Weiterveräußerungen entsprechen der Behandlung beim Ersterwerber.

Da auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählt (§ 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG), könnte eine Onlinebörse als „auszahlende Stelle“ zur Einbehaltung der Abgeltungsteuer nach §§ 43a, 44 EStG verpflichtet sein.

Security Token als (typische) stille Beteiligung

Die stille Gesellschaft oder stille Beteiligung ist eine weitere mögliche Erscheinungsform eines Security Tokens. In Abgrenzung zum partiarischen Darlehen ist das Beteiligungselement bei einer stillen Gesellschaft stärker ausgeprägt. Der stille Beteiligte bezweckt den gemeinsamen Betrieb eines Handelsgewerbes und hat Kontroll- und Mitspracherechte. Er ist am Gewinn und kann am Verlust beteiligt sein. Rechte und Pflichten sind in den §§ 230 bis 237 HGB geregelt.

Sind Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko besonders stark ausgeprägt, liegt eine atypische stille Beteiligung vor. Dies ist insbesondere bei einer Beteiligung an den stillen Reserven gegeben. Die steuerliche Behandlung der atypischen stillen Gesellschaft unterscheidet sich wesentlich von derjenigen der typischen stillen Gesellschaft. Die atypische stille Gesellschaft wird als Personengesellschaft behandelt mit nahezu identischen Folgen (sprich steuerlichen Verwaltungsanforderungen, die für Tokens nicht praktikabel umsetzbar sind) wie oben unter Security Token als Unternehmensbeteiligung — Personengesellschaft dargestellt. Auf sie wird daher im Folgenden nicht weiter eingegangen.

Wirkungen in der emittierenden Unternehmung

Der Mittelzufluss ist als Fremdkapital nicht ertragsteuerpflichtig. Der Ausweis erfolgt als Verbindlichkeit auf der Passivseite der Bilanz.

Vergütungen für typisch stille Beteiligungen sind steuerlicher Aufwand im emittierenden Unternehmen. Der Aufwand gilt als Zinsaufwand in der Unternehmung und unterliegt damit den Regelungen zur Zinsschranke.(xxviii)

Auf die ausgezahlten Gewinnanteile hat die Gesellschaft nach § 32d Abs. 1, § 43 Abs. 1 Nr. 3, § 43a Abs. 1 Nr. 1 Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 Prozent des Kapitalertrags einzubehalten.

Wirkungen beim Ersterwerber

Die Einzahlung begründet eine Forderung gegen die Gesellschaft und ist steuerlich nicht relevant. Laufende Gewinnanteile aus stillen Gesellschaften sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG einkommensteuerpflichtig. Bei stillen Beteiligungen, die im steuerlichen Privatvermögen gehalten werden, hat die einzubehaltende Kapitalertragsteuer Abgeltungscharakter (§ 32d EStG).

Wird eine typische stille Beteiligung im Betriebsvermögen einer Körperschaft gehalten, kommen die Vergünstigungen des § 8b KStG und die 40-prozentige Freistellung im Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40d EStG nicht zur Anwendung, da typische stille Beteiligungen vom Wortlaut der vorgenannten Vorschriften nicht erfasst werden.

Gewinne aus einer Weiterveräußerung werden als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG mit der Differenz zwischen Anschaffungskosten der stillen Beteiligung und dem Verkaufspreis besteuert. Die Spekulationsfrist des § 23 EStG ist ohne Belang. Der Steuersatz beträgt 25 Prozent, solange es sich bei den Beteiligten nicht um nahe Angehörige handelt und der Tokeninhaber nicht zu mindestens 10 Prozent an der Gesellschaft beteiligt ist (§ 32d Abs. 1 und 2 Nr. 1 Buchst. a und b EStG).

Verluste werden vom Einlagenkonto abgebucht und stellen negative Einkünfte dar, die unter den Einschränkungen des § 15a EStG bis zur Höhe der Einlage bzw. des Haftungskapitals verrechenbar sind.

Wirkungen bei Folgeerwerbern

Es findet keine Einzahlung in die Gesellschaft statt. Veräußerer ist ein anderer stiller Gesellschafter. Das als Verbindlichkeit verbuchte Kapitalkonto des Stillen in der Gesellschaft ändert sich durch den Verkauf nicht. Der Kaufpreis stellt die Anschaffungskosten der stillen Gesellschaft dar. Die laufende Besteuerung und die Besteuerung möglicher Weiterveräußerungen entsprechen im Übrigen der Behandlung beim Ersterwerber.

Da auch der Gewinn aus der Veräußerung von stillen Beteiligungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählt (§ 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG) könnte eine Onlinebörse als „auszahlende Stelle“ zur Einbehaltung der Abgeltungsteuer nach §§ 43a, 44 EStG verpflichtet sein.

Umsatzsteuerliche Folgen bei Security Tokens

Der Erwerb von Beteiligungen ist keine wirtschaftliche Tätigkeit im umsatzsteuerlichen Sinne. Die Gewährung von Gesellschaftsrechten stellt daher keine steuerbare Leistung dar. Dem Unternehmen verbleibt konsequenterweise der Vorsteuerabzug aus den mit der Ausgabe der Gesellschaftsrechte verbundenen Aufwendungen. Dem BFH (xxix) zufolge gelten diese Grundsätze auch für die Ausgabe von Schuldverschreibungen, sprich Fremdkapital.

Sachgründung sei aus Sicht des Gesellschafters hingegen zu prüfen, ob er die Anteile im Rahmen einer Leistungserbringung erwirbt. Die Einbringung einer Sacheinlage des Gesellschafters gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten bleibt nach Ansicht der Verwaltung nämlich eine entgeltliche Leistung des Gesellschafters. Der Vorgang wird auch im Fall der Sacheinlage für den die Anteile erwerbenden Gesellschafter allerdings nur dann steuerbar, wenn die Wirtschaftsgüter vorher zu einem Unternehmen des Gesellschafters gehört haben, da es ansonsten an einer Lieferung „im Rahmen seines Unternehmens“ durch den Gesellschafter fehlt.

Die Erbringung einer Einlage im Gewand eines Security Tokens stellt regelmäßig eine Sacheinlage dar, da die Bezahlung der Tokens meist gegen andere Tokens (i.d.R. Bitcoin, Ether) und nicht bar erfolgt. Für die Umsatzsteuerpflicht macht es also einen Unterschied, ob die hingegebenen virtuellen Währungen zum Erwerb der Security Tokens in einem Betriebsvermögen gehalten wurden oder nicht. Nur wenn das der Fall ist, liegt ein steuerbarer Vorgang vor. Soweit der Security Token Darlehensforderungen repräsentiert, bleiben die steuerbaren Umsätze freilich wegen § 4 Nr. 8a UStG steuerfrei. Security Tokens, die als Darlehen ausgestaltet sind, aber zusätzlich eine Beteiligung auch am Verlust vorsehen, können hingegen zu steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungen führen. Eine Gegenausnahme sind diejenigen Fälle, in denen der Security Token stille Gesellschaftsrechte begründet. Mangels Leistungsaustausches fehlt es dann an der Steuerbarkeit, (xxx) weil die stille Gesellschaft eine reine Innengesellschaft ist und mangels Teilnahme am Wirtschaftsleben keine Unternehmerstellung erlangt.

Fazit

Die ertragsteuerliche Behandlung von Security Tokens lässt sich in Anlehnung an die gängige Praxis zu Mezzaninekapital hinreichend klären. Vermieden werden sollten Regelungen, die zur Einordnung als Personengesellschaft führen, da die diesbezüglichen steuerlichen Folgen bei handelbaren Tokens praktisch kaum erfassbar oder mit vertretbarem Organisations- und Zeitaufwand buchhalterisch darstellbar sind.

Security Tokens können für ICO-Initiatoren zum Einsatz kommen, die bereit sind, eingesammelte Gelder früher oder später wieder an die Investoren zurückzuzahlen. Der entscheidende Vorteil von Security Tokens gegenüber Currency und Utility Tokens ist die steuerliche Freistellung des Mittelzuflusses, die die Liquidität des Gesamtprojekts erheblich steigert. Bei korrekter Gestaltung kommt es auch nicht zur Umsatzsteuerpflicht des Security Tokens. Im Vergleich dazu stellt der Mittelzufluss für Currency Tokens in vollem Umfang einkommen- bzw. körperschaftsteuerpflichtigen Ertrag dar (in der Regel ca. 30 Prozent Steuerbelastung). Der Mittelzufluss für Utility Tokens ist ebenfalls in vollem Umfang ertragsteuerpflichtig und wirft darüber hinaus auch komplizierte umsatzsteuerrechtliche Fragen(xxxi) auf.

Steuerlich betrachtet bieten ICOs daher umfassende Gestaltungs- und Optimierungsmöglichkeiten. ICO-Initiatoren sollte bewusst sein, dass die Kosten, die im Zusammenhang mit möglichen BaFin-Erlaubnisverfahren und möglichen Prospektpflichten für die Ausgabe von Security Tokens einhergehen, aus steuerlicher Sicht ein sehr lukratives Investment sein können. Eine Besteuerung von 30 oder 0 Prozent kann einen erheblichen Unterschied machen.

Auf zivilrechtlicher Ebene sind viele weitere Gestaltungen denkbar (z.B. Tokens als Bruchteilseigentum, Tokens als Dividendenscheine usw.). Die hier dargestellten Folgen beziehen sich auf Inlandsgestaltungen mit den allgemein bekannten Rechtsformen. Je nach Bedarf könnten ggf. durch internationale Gestaltungen oder durch Einbinden gemeinnütziger Stiftungsstrukturen (Förderung der Wissenschaft und Forschung) weitere Alternativen bzw. andere attraktive steuerliche Varianten bei anderen zivilrechtlichen Folgen umgesetzt werden. Da Tokens üblicherweise international angeboten und gehandelt werden, sind ggf. auch die Vorgaben anderer Regulierungs- und Finanzbehörden zu beachten oder entsprechende Märkte ggf. vom Handel auszuschließen.

Anmerkungen

Download des Artikels als PDF-Datei. Weitere Informationen zum Frankfurt School Blockchain Center im Internet, auf Twitter oder auf Facebook.

If you like this article, we would be happy if you forward it to your colleagues or share it on social networks. If you are an expert in the field and want to criticize or endorse the article or some of its parts, feel free to leave a private note here or contextually and we will respond or address.

Do you want to learn more about how blockchain will change our world?

Über die Autoren

Benjamin Kirschbaum ist Rechtsanwalt bei der WINHELLER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main (b.kirschbaum@winheller.com).

Jürgen Schwendemann ist Steuerberater bei der WINHELLER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main (j.schwendemann@winheller.com).

Philipp Hornung ist Rechtsanwalt bei der WINHELLER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main (p.hornung@winheller.com).

Stefan Winheller ist Rechtsanwalt, LLM. Tax und Fachanwalt für Steuerrecht (s.winheller@winheller.com) bei der WINHELLER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main (info@winheller.com).

Fußnoten

(i) Das Steuerrecht stellt nicht darauf ab, ob es sich bei einem Token um ein Wertpapier (Security) handelt. Passender wäre daher die Bezeichnung als „Equity Token“, um so die steuerliche Bedeutung der Frage hervorzuheben, ob ein Token Eigenkapital darstellt oder nicht. Im Folgenden verwenden wir der einheitlichen Darstellung halber gleichwohl den bereits an anderer Stelle in diesem Buch eingeführten Begriff des Security Tokens.

(ii) Bei ICOs ist es üblich, dass die Tokens zeitnah nach Herstellung veräußert werden sollen, so dass diese dem Umlaufvermögen zuzurechnen sind und nicht dem Aktivierungsverbot für Anlagevermögen unterliegen.

(iii) Siehe zur Bewertung der Anschaffungskosten angeschaffter Bitcoins Richter/Augel, FR 2017, 937, 941.

(iv) BeckOK HGB/Regierer, 24. Ed. 15.04.2019, § 249 Rn. 65 f.

(v) BFH vom 19.10.1993, VIII R 14/92, BStBl. II 891; BFH vom 08.11.2000, I R 6/96, BStBl. 2001 II, 570.

(vi) BeckOK HGB/Regierer, 24. Ed. 15.04.2019, § 249 Rn. 65–73.

(vii) Schubert, in: Beck’scher Bilanzkommentar, 11. Aufl. 2018, § 249 HGB Rn. 33.

(viii) Detaillierte Betrachtung der Umsatzsteuer im folgenden Kapitel.

(ix) Schubert, in: Beck’scher Bilanzkommentar, 11. Aufl. 2018, , § 249 HGB Rn. 42 f.

(x) BeckOK EStG/Unger, 3. Ed. 01.02.2019, § 10b Rn. 87.

(xi) EuGH vom 22.10.2015, C-264/14 „David Hedqvist“, DStR 2015, 2433.

(xii) BMF-Schreiben vom 27.02.2018, III C 3 — S 7160-b/13/10001, DStR 2018, 528.

(xiii) BeckOK UStG/Peltner, 21. Ed. 24.04.2019, § 1 Rn. 87.

(xiv) Schroen „Sind Bitcoin und Co Wirtschaftsgüter gemäß der gefestigten BFH ddRechtsprechung?“, DStR 2019, 1369.

(xv) Hinweisschreiben der BaFin vom 20.02.2018, „Aufsichtsrechtliche Einordnung von sog. Initial Coin Offerings (ICOs) zugrunde liegenden Token bzw. Kryptowährungen als Finanzinstrumente im Bereich der Wertpapieraufsicht, Gz WA 11-QB 4100–2017/0010, abzurufen unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/ WA/dl_hinweisschreiben_einordnung_ICOs.html (Stand 17.07.2019)

(xvi) BFH vom 04.04.2007, I R 110/05, DStR 2007, 1073.

(xvii) BMF-Schreiben vom 11.12.1989, IV A 5 — S 0120–4/89BStBl. I, 470.

(xviii) BMF-Schreiben vom 02.01.2001, IV A 4 — S 0121–2/00; IV A 5 — S 0120–4/89, BStBl. I, 40.

(xix) BeckOK EStG/Trossen, 3. Ed. 01.02.2019, § 23 Rn. 249.

(xx) BFH vom 22.06.2010, I R 78/09, DStR 2010, 2448.

(xxi) Levedag, in: Schmidt/EStG, 38. Aufl. 2019, § 20 Rn 78.; siehe auch IAS 32.18 ff.

(xxii) BFH vom 29.06.1993, IX R 44/89, BFH/NV 1994, 461.

(xxiii) BMF-Schreiben vom 04.07.2008, IV C 7 — S 2742 a/07/10001, BStBl. I, 718 Rn. 15.

(xxiv) OFD Nordrhein-Westfalen vom 12.05.2016, S 2742–2016/0009-St 131, DStR 2016, 181.

(xxv) A.A. Stegemann, DStR 2016, 2151.

(xxvi) BMF-Schreiben vom 04.07.2008, IV C 7 — S 2742 a/07/10001, BStBl. I, 718 Rn. 15.

(xxvii) BeckOK EStG/Trossen, 3. Ed. 01.02.2019, § 17 Rn. 213.

(xxviii) BMF-Schreiben vom 04.07.2008, IV C 7 — S 2742 a/07/10001, BStBl. I, 718 Rn. 15.

(xxix) BFH vom 06.05.2010, V R 29/09, BStBl. II, 885.

(xxx) BFH vom 17.08.1972, V R 63/68, BStBl. II, 922.

(xxxi) Siehe hierzu oben Ausgabe von Utility Tokens.

--

--

No responses yet